Mittwoch, 7. Mai 2014

Flüchtige Momentaufnahmen, Provokationen und Gedankenspiele IV

Ein großes Problem der unter dem kapitalistischem Paradigma stehenden Arbeitswelt ist die Idee einer Firma oder eines Betriebs als "Gelddruckmaschine" hierarchisch übergeordneter Weniger. Demgegenüber muss eine holistisches Gegenmodell gesetzt werden, dass eine Firma als sozialen Raum begreift, als Raum des Austauschs, des gegenseitigen Lehrens und Lernens, des sozialen Miteinanders, der Anerkennung und Wertschätzung, der persönlichen Entwicklung, als Aushandlungsprozess. Dies ist kann einer der Schritte sein, hin auf eine erträglichere Wirklichkeit...

Dass Tiere zum Fressen da sind, dass Schwarze zu dumm sind zum studieren und dass Frauen nur für Kinder, Küche und Kirche taugen ist nur insofern wahr, als dass wir es durch unser Handeln wahr machen. Unser handeln erschafft diese Wahrheiten und hält sie am Leben, unser Handeln ist es, das eine zur scheinbaren Objektivität und Natürlichkeiten konstruierte spezifische Wirklichkeit schafft. Aber nicht die Angst vor Willkür sollte die Antwort bleiben, sondern die Hoffnung auf ein Besseres. Unser Handeln schafft die Welt, sie ist nicht ohne es. Welche Welt wir schaffen aber steht nicht fest...

Die Bürokratie ist der Gipfel des Totalitarismus, sie ist die Mutter des modernen Schreckens, sie gebiert eine Wirklichkeit in der keiner verantwortlich aber alle Schuld sind. Die Bürokratie ist die totale Herrschaft der Struktur, sie ist die Absage an das Denken, eine Absage, die in uns allen als begrenzte Wesen angelegt ist. Wir alle können Arendts Eichmann sein...Ihr entgegen steht das Bollwerk der leidenschaftlichen Denkens im vollen Umfang des Begriffs, des leidenschaftlichen kritischen Denkens, das keine Zeit mehr hat, keinen Raum, dem nur noch wenige Refugien bleiben, die scharf bewacht werden.durch die vermeintlichen Gewissheiten der Massen. Wenn das Denken im Wert schwindet bleibt nur die Erziehung der Ästhetik, die ein Fühlen gegen die kalte Barberei schaffen muss. Vielleicht ist eine sich diesen Strukturen verweigernde Kunst somit die einzig verbleibende Waffe gegen den bürokratisierten Kapitalismus...

In nahezu jedem Bereich wird in unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit Kompetenz gefordert und selbst Bildung wird als leere Worthülse noch gefeiert. In nahezu jedem Bereich, außer der Führung.
Dies gilt für die Politik, deren Kompetenzvoraussetzung theoretisch nicht gegeben ist, sich praktisch aber in der Juristerei ergießt, in der Anwendung und Auslegung von Gesetzen, nicht in deren kritisch-philosophischer Betrachtung, nicht in Ethik, in Philosophie, Soziologie, Psycholgie, Kulturwissenschaften, kurzum, in keinster Weise in Bereichen, die zum Verständnis von sich selbst und Gesellschaft oder in dem reflektierten Umgang mit Sollens-Sätzen liegt.
Dies gilt ebenso für den Unternehmensbereich, der sich völlig dem kapitalistischen Paradigma verschreibt und in den Menschen nachwievor als willfährigen und zu unterwerfenden Faktor sieht.
Sozialkompetenz, Kenntnisse in Arbeitssoziologie und -psychologie, ganz zu schweigen von deren kritischer Betrachtung oder gar ethische Grundlagen, die über deren Karrikatur als "Firmenphilosophie" hinaus gehen, sucht man vergebens.
Entsprechend wird geherrscht und dies in Unkenntnis um die Mechanismen von Herrschaft, mit einer Hoferiung der Macht, gestützt allein durch die Struktur, die selbst niemals thematisiert wird, ja aus Sicht der konservativen Herrschaft nicht werden darf.
Geleitet wird mit Macht, dem Zwang zum Gehorsam, dem Zwang zur Unterwerfung unter diese Wirklichkeit, die jedwede Kritik im Keim ersticken muss und in ihrer Unfähigkeit tut.
Je mehr und je aggressiver jedoch die Macht zur Herrschaft treibt, umso mehr sinkt die oft unteschätzte Kraft des Status, des "Freiwilligen", das "Anerkennen", des vertrauensvoll Folgenden und nicht durch Peitschen Getriebenen.
Zugleich sinkt mit jeder Ausübung von Macht der Status, der mit mehr Macht beantwortet werden muss, um die Herrschaft zu behaupten. Der Status verschwindet jedoch nicht, sondern siedelt sich neu an, er kann wachsen und gedeihen bei all jenen, die dieser Herrschaft nicht folgen.
Die größte Schwäche dieser Armut an Erkenntnis ist zugleich die Quelle der größten Macht ihrer Gegner. Nur der Status als freiwilig Gegebenes ist fähig eine Macht zu entfachen, die die alten Strukturen in Fallem steckt und Herrschaft als das offenbart, was all jene nicht verstehen, als Aushandlungsprozess, als fragil, als angewiesen auf das Folgen.
Es wird Zeit Herrschaft, ob im Unternehmen oder der Politik endlich auf eine Basis zu heben, die allein sich rechtfertigen kann, auf Erkenntnis, Kompetenz und die Fähigkeit sich selbst und andere, eigene und fremde Strukturen im Lichte der Kritik sehen zu können, den Aushandlungsprozess ernst zu nehmen und nicht zu ignorieren. Sicht nicht auf Strukturen stützen und sie mit Gewalt am Leben halten bis sie aus Unkenntnis endgültig zusammenbrechen und Energien freilegen, die mehr als Neues erschaffen, sondern alles zerstören können.
Es muss eine Herrschaft des Status, des Diskurses und der Kenntnis sein.

Ich bin Emotionsforscher, ich bin privilegiert, ständig erschließen sich mir neue Gefühle, neue alte Gefühle, die längst im Papierkorb der Geschichte gelandet sind. Ich will sie alle erleben, die Täler, die Berge, die Fluten und Donnerwetter, den Sonnenaufgang und -schein, den gleißend hellen Tag und die tiefschwarze Nacht. Gefühle sind das Leben, sie sind das Tor zur Welt, zu allen Welten.
Schluss mit dem Dogma des ewig spezifisch "glücklichen", schluss mit der Vermarktung und Instrumentalisierung der Gefühle, schluss mit der kapitalistischen Ausbeutung des Fühlens. Beginnen wir die Reise in die Welt und hören wir auf Gefühle regulieren und sanktionieren zu lassen.
Die Gefühle mögen nicht unsere eigenen Erfindungen sein aber sie sind unsere eigenen Empfindungen. Öffnen wir uns, leben wir sie, leben wir das Leben selbst. Wiederbeleben wir die Melancholie, die Schwermut, die Ehre, die tobende Leidenschaft der Verliebtheit, beleben wir sie alle wieder und leben wir sie. Beleben wir das Leben, erfreuen wir uns an der Vielfalt, zerschlagen, lehren und erweitern wir die Welt in und durch uns. Lernen wir wieder neu fühlen!
Verwerfen wir den emotionalen Kleingeist und wenden wir uns der Welt zu. Vielleicht, nur vielleicht schaffen wir so einen neuen Zugang zur Welt, zum "Guten, Schönen, Wahren", das allein die Welt bewahren kann.
Ich sage nicht: "Denke nicht!", ich sage "Denkt UND fühlt!", denn nur das Denken kann uns von den tief verwurzelten Schranken des Fühlens befreien.
Ich sage: "Beginnt jetzt! Denkt und fühlt den fühlbaren Moment!"
Wenn ihr glücklich seid, so seid es, wenn ihr traurig seid, seid es! Seid es und denkt nicht an die Maschinen um euch herum, kümmert euch nicht um "Stärke" und "Schwäche"! Führt euch selbst in diese Freiheit, denn es wird keinen neuen Propheten geben...

Politik, da sie der Lebenswelt Grenzen setzt und Richtung gibt, sie formen will, muss selbst über dieser stehen, sie muss deren Einflüsse, ihren konstruierten Charakter erkennen, dekonstruieren. Tut sie dies nicht, läuft sie Gefahr nur unhinterfragt eigene Lebensentwürfe zu verabsolutieren. Politik selbst erfordert somit den höchsten Grad an kritischem Denken, an Selbst- und Weltreflektion, um wirkliche Legitimität, die nur in erkenntnistheoretischer und ethischer "Überlegenheit" bestehen kann, zu erzeugen. Grundlage politischer Ausbildung muss insofern zwingend Philosophie sein, die, obwohl Teil der Welt, auch außerhalb, über und neben ihr stehen kann. Solange dies nicht gegeben ist, entspricht Politik und die von ihr produzierte Moral lediglich einem primitiven Konformismus unterschiedlicher Ebenen. Sie kann somit keine Geltung beanspruchen.

Wie die Idee der "gewaltfreien Gesellschaft", arbeiten auch Ideen wie der "Anarchismus" oder die Idee von der "westlichen Gesellschaft, in denen es ja allen gut geht" mit begrifflichen Reduktionen.
In dem der Inhalt von Begriffen wie "Gewalt", "Herrschaft" oder "gut gehen" ideologisch reduziert wird, wird eine Wirklichkeit geschaffen, die in der Tat als "gewaltlos", "herrschaftsfrei" oder "für alle gut" Geltung beansprucht. Dies ist die wirklichkeitserzeugende Macht der Sprache.
Das "Negative" wird begrenzt, nicht kommunizierbar gemacht, sprachlich eliminiert und kontrolliert, den "Gewaltbetroffenen", "Beherrschten" und denjenigen, denen es "schlecht geht", wird die Möglichkeit der Artikulation entzogen, ihr Sprechen wir dem Diskurs entzogen.
Die Inkonsistenz und ideologische Prägung der Begrifflichkeiten und Diskursregeln wird verschleiert. Das Sprechen scheint so nur das je Vorzufindendene wiederzugeben, ganz im Gegensatz dazu schafft es das Vorzufindende jedoch selbst. Das System schützt sich mit der Meinungsfreiheit gegen diesen Vorwurf, erschafft jedoch die Regeln des Sprechens, vermittelt sie, lehrt sie und bestraft das Abweichen immer. Meinungsfreiheit ist nicht die "Freiheit" des Sprechens, sondern die "Freiheit" des Sprechens im vorgegebenen Rahmen.
Sprach- und Diskursanalyse sind Kritik, das Sprechen ist Widerstand, Konstruktivistische Philosophie und Kunst in diesem Sinne das Lehren eines Sprechens.

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