In
diesem kurzen Aufriss soll das Konzept von Mündigkeit, sowie dieses
als philosophisches Problem genauer betrachtet werden. Dabei ist das
hier gemeinte Konzept, da sich der Begriff der Mündigkeit in
verschiedenen Bereichen findet, zuerst von jenen Bedeutungen zu
trennen, die dabei außen vor bleiben sollen. Zu diesen gehört der
rechtliche Inhalt im Sinne des Erreichens juristischer
Volljährigkeit. Fokussiert wird damit auf den philosophischen
Begriff, nicht zuletzt auch mit dem Anspruch, dass dieser es ist, der
den anderen voraus gehen muss. Ebenso im Blick ist der politische, da
er sich eng an den philosophischen Anlehnen muss.
Mündigkeit
als philosophischer und politisierter Begriff dient dabei als
Legitimationsgrundlage und Kampfbegriff. Das hinter diesem verborgene
Konzept, seine Bedeutung ist maßgeblich für das Verständnis von
Demokratie. Umso problematischer ist es, dass eine Beschäftigung mit
dem Konzept recht dürftig stattfindet.
An
einer ersten Annäherung und vor allem einem Problemaufriss ist
dieser Arbeit gelegen. Dabei gestaltet sich eine freie Diskussion
schwierig, ist das Konzept von Mündigkeit und die Postulierung
selbiger doch für die meisten Individuen etwas selbstverständliches,
so dass sich eine Relativierung, die sich aus der kritischen
Betrachtung ergeben kann, fast notwendig Widerstand ausgesetzt sehen
muss. Eine Annäherung muss sich damit auch auf das Selbstbild
menschlicher Personen auswirken.
Ebenso
muss eine kritische Beleuchtung auch Konsequenzen auf die politische
Theorie haben, stellt doch Mündigkeit eine der grundlegenden
Voraussetzungen für den Großteil gegenwärtiger Demokratiekonzepte
dar, so dass sich bereits aus diesem Umstand ein Interesse der
Philosophie, in diesem Fall der Politischen, zwangsweise ergibt.
Im
Zuge der Skizzierung bisheriger Definitionen und der sich
anschließenden Probleme wird und soll auch die Relevanz für weitere
Bereiche der Philosophie herausgestrichen werden, die dazu führen
muss, sich diesem Thema von mehreren Bereichen aus zu nähern. Zu
diesen gehören die Philosophie des Geistes, Erkenntnistheorie,
Ethik, als auch Handlungstheorie. Weiterhin kann sich eine intensive
und ausführliche Beschäftigung nicht in der Philosophie allein
erschöpfen, sondern muss ebenso auf soziologische und psychologische
Zugänge ausgerichtet sein.
Um
sich dem Begriff und damit dem Inhalt zu nähern soll als erstes
dessen Ursprung betrachtet werden. Ausgehend von diesem soll der
Begriff skizzenhaft erweitert werden. In einem weiteren Teil werden
dann einige Probleme zur Sprache kommen, die als offene Fragen
zugleich auf eine Notwendigkeit einer eingehende Untersuchung
verweisen sollen.
1.
Klärung des Begriffs
1.1.
Kant
Kant
ist einer der ersten, der Mündigkeit zu definieren versucht und
stellt den Grundbezug nahezu aller Beschäftigungen mit dem Konzept
dar. Dabei spricht Kant nicht über Mündigkeit, sondern über
Unmündigkeit und definiert so den Begriff ex negativo.1
Um das
Vielzitierte erneut zu wiederholen, ist Unmündigkeit „das
Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu
bedienen“. Dementsprechend ist Mündigkeit das Vermögen, sich
seines Verstandes zu bedienen, ohne auf die Leitung eines anderen
angewiesen zu sein.
Selbstverschuldet
ist diese Unmündigkeit dann, wenn der Mangel dieses Vermögens nicht
auf den Mangel des Verstandes zurückzuführen ist. Implizit
erscheint hier bereits die Möglichkeit, aufgrund mangelnden
Verstandes, ohne den Begriff hier genauer zu bestimmen, unmündig zu
sein. Diesen Punkt gilt es dabei im Auge zu behalten.
Für
Kant ist nun der Entschluss maßgeblich, den Verstand zu gebrauchen,
wenn auch offen bleibt, ob jede Person dies kann und inwieweit es
graduelle Unterschiede gibt. Die Kantische Konzeption von Vernunft
und Personalität legt jedoch nahe, dass Mündigkeit potentiell allen
Menschen zukommen kann.
Verstanden
wird Mündigkeit auch als Prozess, als etwas erst Herzustellendes,
wodurch sich mehrere Problemen ergeben, die in späteren Abschnitten
zum Tragen kommen werden.
Kants
Schrift „Was ist Aufklärung?“ gibt damit ein sehr
oberflächliches, kurzes und problematisches Konzept von Mündigkeit
wieder. Es stellt trotz seiner Kürze einen ersten Anhaltspunkt dar,
während es zugleich wichtige Probleme benennt. Vieles bleibt
ungeklärt, so dass im Folgenden das Konzept Adornos, das ebenfalls
grundsätzlich auf Kant referiert, jedoch das Konzept graduell
stärker ausformuliert in den Blick genommen werden soll.
1.2.
Adorno – Erziehung zur Mündigkeit
In
„Erziehung zur Mündigkeit“ schreibt Adorno in Bezug zur
kulturellen Ungeformtheit des Agraischen folgendes über das Konzept
der Mündigkeit:
„Das
Individuum wird mündig überhaupt nur dann, wenn es aus der
Unmittelbarkeit von Verhältnissen sich löst, die keineswegs
naturwüchsig sind, sondern bloß noch Rückstand überholter
historischer Entwicklung, eines Toten, das nicht einmal von sich
selbst weiß, daß es tot ist.“2
Kern
der Mündigkeit bildet dabei einerseits die Überwindung der
vermeintlichen Urwüchsigkeit der Verhältnisse, der Konventionen
oder anders ausgedrückt, die Überwindung des verdinglichten
Bewusstseins, dass das Gewordensein seiner selbst nicht gewahr wird.3
Andererseits ist es die Abkehr von Autoritäten, wie dies auch schon
bei Kant beschrieben wird, jedoch soll damit keine Scheinmündigkeit
gemeint sein, die nichts weiter als ein primitiver
Anti-Autoritarismus ist.
Zentrale
Begriffe bei Adorno sind damit Selbstreflektion und Autorität.
Die
Selbstreflektion bedeutet dabei das Hinterfragen gesellschaftlicher
Konventionen und damit der Gesellschaft und ihrer Regeln selbst, als
auch des Einflusses dieser auf das eigene Denken und den eigenen
Willen4,
ihr Feind ist die Anpassung, wobei in Bezug auf diese von einem
dialektischen Verhältnis ausgegangen wird. So ist zur Bewusstmachung
der determinierenden Mechanismen eine Realitätsprüfung und damit
ein Moment der Anpassung nötig, dass wiederum die realen
Verhältnisse reproduziert.5
Das Ziel scheint dabei zu sein, in der Anpassung letztlich durch die
Reflektion über sie hinaus zu gehen und die Realität zu verändern.
Bewusstwerdung der Verhältnisse innerhalb dieser, dann Reflektion,
Hinterfragen und durch das eigene Handeln ein Zurückwirken auf die
Verhältnisse und eine Änderung.
Allerdings
darf Mündigkeit und Selbstreflektion nicht nur als auf äußere
Einflüsse bezogen verstanden werden. Auch das eigene Selbst schafft
sich Grenzen, Determinanten und Vorherbestimmung aus sich selbst
heraus, wobei auch dabei die Gesellschaft indirekt beteiligt ist.6
Die zu hinterfragende Fremdbestimmung muss zumindest nicht
vordergründig mit „Anderen“ zu tun haben, es kann sich bei ihr
auch um eine Fremdbestimmung durch das eigene, gegenwärtige oder
frühere Selbst handeln.
Die
Autorität betreffend ist Vorsicht geboten.7
Wie erwähnt geht es nicht um einen Anti-Autoritarismus, wie er gern
von bestimmten Gruppen praktiziert und als Mündigkeit missverstanden
wird. Weder ist blindes Ablehnen sinnvoll, noch soll Sachautorität
negiert werden.
Auch
weißt Adorno mit Blick auf Freud darauf hin, dass vor Mündigkeit,
also der Abnabelung von Autorität, diese erst bestehen muss.8
So
muss auch, um es auf die Bildung zu beziehen, dem Lehrer Autorität
zugestanden werden, seinen Anweisungen gefolgt werden, die freilich
in ihrer letzten Instanz auf die Negierung oder Relativierung dieser
Autorität hinauslaufen sollen.
Dies
findet ihre Evidenz auch in der Moralerziehung, wie sie u.a. von
Piaget9
und Kohlberg10
über Habermas11
bis zu Schwickert12
verstanden wird. Die moralische Orientierung bewegt sich dabei, je
nach Entwicklungsstufe, von dem autoritären Charakter der
Bezugspersonen, hedonistischen Handlungsgründen über autoritäre
Grundregeln der Gesellschaft bis hin zu reflektiert und kontextuell
gebrauchten und begründeten, universellen Prinzipien. Dabei ist auch
hier das Moment der Anpassung und des Realitätsbezugs vorhanden. In
der Moralentwicklung stellt dies auf der 8. Stufe nach Schwickert
eine besondere Herausforderung dar, da hier, nachdem das universell
richtige in der konkreten Situation erkannt wurde, die Gesellschaft
erneut betrachtet und beides versucht wird in Einklang zu bringen.
Ziel ist nicht nur die konkrete Handlung, sondern zugleich die
Veränderung der gesamten Verhältnisse bei gleichzeitiger Wahrung
der eigenen Person in dieser Gesellschaft. Die 8. Stufe ist somit
erneut eine strategische, ähnlich der niederen,
egoistisch-hedonistischen, nur ist sie hier eine
idealistisch-strategische.
Auf
den Punkt gebracht bedeutet das bisherige also: „Mündig ist der,
der für sich selbst spricht, weil er für sich selbst gedacht hat
und nicht bloß nachredet […]. Das erweist sich aber an der Kraft
zum Widerstand gegen vorgegebene Meinungen und, in eins damit, auch
gegen nun einmal vorhandene Institutionen, gegen alles bloß
Gesetzte, das mit seinem Dasein sich rechtfertigt. Solcher
Widerstand, als Vermögen der Unterscheidung des Erkannten und des
bloß konventionell oder unter Autoritätszwang Hingenommenen, ist
eins mit Kritik, deren Begriff ja vom griechischen krino,
Entscheiden, herrührt.“13
Mündigkeit
ist damit eine Fähigkeit zur Kenntnis der eigenen Determinanten und
des gesellschaftlichen Spiels, wobei es zwar ein notwendiges
Existieren in diesem Spiel gibt, zugleich aber ein unerläßliches
Außenstehen, ein Beobachten, Erklären und notfalls Eingreifen.
Damit einher geht ein Erkennen der Welt als eine gemachte, eine
Unterscheidung zwischen Sein und Sollen, so dass die vorgegebene
Gesellschaft und damit auch der Mehrheitswillen nicht zugleich zum
Sollen erklärt wird. Eine solche Interpretation würde sich des
„deskriptivistischen Fehlschlusses“ schuldig machen, wie Hare es
bezeichnet.14
Dabei
bleibt Mündigkeit auch bei Adorno etwas Herzustellendes und nicht
Gegebenes.15
2.
Der holprige Weg zur Mündigkeit
Die
beiden Positionen zusammengefasst ergeben ein Skizze von Mündigkeit,
wie sie auch gegenwärtig gebraucht wird. Mündigkeit soll die
Fähigkeit einer Person zur Selbstbestimmung sein und damit die
Fähigkeit, das eigene Denken und Handeln selbstbestimmt und frei von
äußerer Einflussnahme gestalten zu können. Prägnant formuliert
findet sich dies folglich auch bei Peter Massing im Lexikon der
politischen Bildung: „Mündig ist der Mensch, wenn er zu eigenem
Denken gelangt ist, wenn er von Vorurteilen und Verblendungen frei
[…] gelernt hat, Vorgefundenes kritisch zu reflektieren […], um
auf dieser Basis zu entscheiden“16
Wie
bei allen Autoren klar geworden sein sollte, ist Mündigkeit dabei
etwas herzustellendes, prozesshaftes, so dass sich die Frage ergibt,
wie und mit welchen Mitteln dies zu erreichen sein soll.
Als
solche Mittel nennt Adorno Medienkompetenz, Bildung und Erziehung zur
kritischen Selbstreflektion, wie auch generell zu einer Kritik an
Gegebenem, anders ausgedrückt, zu einer kritischen Differenz
zwischen Sein und Sollen, die, wenn sie vernachlässigt wird, mit der
entsprechenden Sozialisation den Grundstein für eine lebenslange
Unmündigkeit legt.
Besonders
der bereits erwähnten Moralerziehung muss dabei eine Schlüsselrolle
zukommen, da es Ziel dieser ist, Konventionen zu hinterfragen.
Weiterhin
spielen Informationen, spielt Wissen eine wichtige Rolle bei der
Abkehr von Autoritäten. Damit erreicht auch der Begriff der
Medienkompetenz eine Schlüsselfunktion.
Besonders
das Fernsehen als Ideologie mit seiner Vorwegnahme von Surrogaten17,
Adorno spricht hier die Liebe an, gegenwärtig wird eher von
„sexueller Verrohung“ gesprochen, spielt als zugleich Autorität
eine wichtige Rolle. Dabei ist dieses Problem bei allen Massenmedien
vorhanden. So spricht Mill dieses Problem bei den Zeitungen an,
Adorno in Bezug auf das Fernsehen und jüngst wird auch die
Problematik des Internets angesprochen. Eine der Kernfragen, die sich
dabei stellt ist jene, ob Fernsehen oder irgendein anderes
Massenmedium besser sein kann, als die Gesellschaft, die es
produziert oder ob es gezwungenermaßen diese nur spiegelt und
Vorurteile notwendig reproduziert. Unabhängig von der Antwort ist
aber eine Ausbildung der Medienkompetenz als besonders wichtig
anzusehen. Auch und insbesondere Massenmedien müssen ihren
autoritären Charakter verlieren. Die Massenmedien sind dabei nichts
zwangsläufig abzuschaffendes. Sie dienen zwar oftmals als
Reproduktionsmechanismen gesellschaftlicher Konventionen und müssen
kritisch „gelesen“ werden können, um sie von vorgefertigten
Deutungen und Sinnstiftungen zu trennen. Jedoch sind diese Medien
auch nötig, um in breiten Massen Informationen erlangen, bzw.
verteilen zu können, ohne die Unabhängigkeit nicht vorangetrieben
werden kann.
Neben
der individuellen darf dabei nicht die politische Ebene vergessen
werden, nicht allein das Individuum muss zur Reflektion gezwungen
sein, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes, die Politik muss
Entartungen, die unreflektierte „Zementierung der Barbarei des
Bestehenden“ verhindern helfen.18
Bildung
steht nun mit all diesem in Zusammenhang, so dass hier nur wenige,
grundlegende Gedanken geäußert werden sollen. So liegt im Begriff
der Bildung eine Mehrdeutigkeit.19
Es kann unter ihr formale Bildung verstanden werden. Diese zu fördern
ist zweifelsohne wichtig, als das sie die nötigen
Hintergrundinformationen, das nötige Fachwissen und den aktuellen
Stand der Forschung liefern muss, um in konkreten Fragen Antworten zu
können. Sie liefert dem Verstand sozusagen das Arbeitsmaterial, mit
dem er sich beschäftigen kann, bzw. damit er sich überhaupt mit
einer Sache beschäftigen kann. Formale Bildung reproduziert aber
ebenso gesellschaftliche, vermeintliche Gewissheiten und Konventionen
und ist somit ebenso gefährlich und letztlich immer konservativ.
Dieser Bildung, welche Allgemeinwissen, wie auch Fachwissen
generiert, muss notwendig eine reflektierte Intellektualität
gegenüber gestellt werden. Bildung und deren Inhalte müssen durch
das Individuum kritisch geprüft, in größeren Zusammenhängen
gedacht und kontextualisiert angewendet werden können. Gleichzeitig
bezeichnet diese kritische Intellektualität die Ebene der
(Selbst-)Reflektion, die auch schon in der Erziehung ihren Ursprung
finden muss.
„Erziehung
wäre sinnvoll überhaupt nur als eine zur kritischen
Selbstreflektion“, schreibt Adorno dazu.20
Damit ist deren Ziel festgelegt. Es ist eine Erziehung zum
Widerspruch und Widerstand, die auch dem Lehrer nicht blind vertraut.
Es ist die Erziehung zu einem „richtigen Bewusstsein“.21
3.
Mündigkeit als Problem
Aus
dieser an einem Ideal ausgebildeten Vorstellung von Mündigkeit und
der Sichtweise ihrer Erreichbarkeit, ergeben sich eine Vielzahl an
Problemen, die zugleich philosophisch aber auch politisch relevant
sind und die entweder die bisherigen Definitionen verändern müssen
oder aber die Vorstellung von der Zugänglichkeit zur Mündigkeit
infrage stellen muss.
Eines
der Kernprobleme bildet dabei der Bereich der Determiniertheit und
die Frage ob und inwieweit es möglich ist, dieser zu entfliehen.
Diese Frage gilt umso mehr, als das es verschiedene Subkategorien
dieses Bereichs gibt und für jede einzeln untersucht werden müsste,
inwiefern der Einfluss dieser Mechanismen abstellbar ist. Es handelt
sich dabei um die Bereiche und entsprechende Fragen der
neurologischen Determiniertheit, die zwischen Neurobiologie und
Philosophie des Geistes diskutiert werden, um Fragen der
Sozialisation, des Habitus und der lebensweltlichen Wahrnehmung in
Anlehnung an Husserl oder Schütz, um die bereits angesprochenen
Fragen nach der kulturelle Prägung und den Stufen der
Moralentwicklung, sowie der dafür nötigen kognitiven und empathiven
Entwicklung, wie sie bei Piaget, Kohlberg, Habermas, Schwickert und
Hare diskutiert werden. Ohne ein zumindest partielles Entkommen
dieser determinierenden Mechanismen, die unentwegt Konventionen und
vermeintliche Gewissheiten produzieren und die Wahrnehmung formen,
kann Mündigkeit nicht existieren.
Im
Falle der neurologischen Determiniertheit stellt sich gar die Frage,
ob Mündigkeit, ebenso wie der freie Wille, der zwingend dafür nötig
ist, nicht als Illusion betrachtet werden müssen. In den anderen
Bereichen scheint die Frage feinere Abstufungen zuzulassen. Der Grad
der Mündigkeit hängt dabei maßgeblich vom Grad der angenommenen
Determiniertheit ab und von der Möglichkeit, diese zu überwinden.
Weiterhin
ist nach der Rolle des Wissens zu fragen, bzw. nach der Rolle
formaler Bildung. Da davon auszugehen ist, das nie in allen Bereichen
vollständiges Wissen vorliegen kann, ergibt sich zwangsweise eine
Abhängigkeit von Experten, bzw. Fachleuten, die zu bewerten wäre.
Die Komplexität der Zusammenhänge, die gekannt werden müssen, um
ihnen zu entfliehen macht in vielerlei Hinsichten zu Recht ein
Studium nötig. Wie sollte unter dieser Vorgabe eine Mündigkeit
erreicht werden können, auf welche Kompetenzen müsste seitens der
Allgemeinbildung fokussiert werden um Experten im Sinne Adornos
anerkennen zu können, jedoch nicht blind Folge zu leisten?
Dabei
stellt sich nicht zuletzt besonders die Frage nach dem Problem der
Halbbildung, die besonders gefährlich ist, da sie vermeintlich
begründete Gewissheiten produziert, die lediglich Scheinautorität
besitzen und damit subjektiv Sicherheit generiert, die objektiv nicht
gegeben ist. Dabei ist noch über Adorno hinauszugehen, denn jedes
Wissen über eine Situation bleibt unvollständig, selektiv, wird
gefiltert.
Ebenso
verweist der Charakter des erst Herzustellenden der Mündigkeit
darauf, dass es Unmündigkeit gibt. Dabei wäre zu fragen, ob es
Minimalforderungen gibt, auf deren Grundlage das Prädikat „mündig“
zu- oder abgesprochen werden kann und ob diese hinreichend oder
lediglich notwendig sind, so dass die Frage entsteht, ob es darüber
hinaus weitere Abstufungen geben können muss, so dass sich ein
relationaler Begriff von Mündigkeit ergeben könnte, der sich nicht
zuletzt auf politische Konzepte auswirken muss.
Dabei
sind auch die impliziten Begriffe, bzw. Konzepte von Personalität
und Vernunft zu hinterfragen, die als Grundbedingung, nicht zuletzt
auch bei Kant, gelten. Inwiefern sind diese berechtigt
Grundbedingungen zu sein und wie gestaltet sich das Spannungsfeld
zwischen metaphysischer Grundlegung und empirischer? Besonders der
Begriff der Vernunft und seine Absolutheit oder Relativität sind
dabei zentral.
Im
Zuge einer graduellen Abstufung, die sich aus dem Vernunftbegriff
ergeben könnten aber auch generell die Problematik von Bedingungen
betreffend, stellt sich zudem zwangsläufig die Frage nach der
epistemischen Gewichtung von Meinungen, die besonders in politischer
Hinsicht noch einmal als Frage auftauchen wird.
Auch
die neuere Emotionsforschung muss berücksichtigt werden. Folgt man
deren Ergebnissen, so sind Emotionen wichtiger Bestandteil praktisch
aller kognitiven Prozesse, so dass es nicht wie in rationalen
Handlungstheorien um ein Unterdrücken und Kontrollieren von
Emotionen gehen kann, um „vernünftiges“ und reflektiertes Denken
zu ermöglichen. Vielmehr müssen Emotionen als unentbehrlich gedacht
werden und als solches anerkannt werden. Dabei stellt sich das
Problem, dass auch diese gesellschaftlichen Regeln unterliegen und so
unbewusst das Denken beeinflussen.22
Als wichtiger Bestandteil müssen also die „richtigen“ Emotionen
ausgewählt werden und der Prozess des Denkens und der Filterung von
Informationen müsste selbst ständig überwacht werden, hält man am
bisherigen Konzept fest.
Nicht
zuletzt ergibt sich aus der Mündigkeit als Haltung, bzw.
Meinungsbildungs- oder Erkenntnisprozess noch nichts in Bezug auf das
praktische Handeln. Mündiges Handeln, also ein Handeln aufgrund
geprüfter, universeller, in dieser Hinsicht vernünftiger und nicht
bloß lebensweltlich relevanter Gründe23,
stellt das mündige Individuum vor weitere Aufgaben. Der Mündigkeit
als epistemischem Konzept muss also eine Handlungskonzept zur Seite
gestellt werden. Dieses muss auf das von Adorno genannte Problem,
denn ein solches stellt es dar, der Lösung aus der Lebenswelt und
deren Wiedereintritt einzugehen imstande sein. Wie kann also ein
mündiges Handeln, dass ein unabhängiges sein soll, mit den faktisch
vorhanden zum Teil asymmetrischen Abhängigkeiten in der Lebenswelt
in Einklang gebracht werden? Dabei stellt sich ebenso die Frage nach
der Einlösung von Geltungsansprüche mündiger Personen gegenüber
nichtmündiger und der Gesellschaft insgesamt.
Damit
ebenso im Zusammenhang, jedoch auch unabhängig davon stellt sich das
Problem der Willensschwäche und ihr Einfluss auf mündiges Handeln.
Dies
sind nur einige der Fragen, die sich aus dem Konzept ergeben.
Anhand
dieser vornehmlich theoretischen Fragen ergeben sich eine Reihe
praktischer, die sich besonders im Bereich der Politischen
Philosophie und Politischen Theorie bewegen.
Es ist
davon auszugehen, dass eine kritische Beschäftigung mit dem Konzept
der Mündigkeit dazu führen kann, dass die bisherige Handhabung
nicht den Erfordernissen entspricht. Nicht zuletzt die
real-politische Bindung des Mündigkeitsstatus an den Eintritt ins
18. Lebensjahr, dass die Grundlage für bestimmte Formen politischer
Partizipation darstellt, wäre auf die Sinnhaftigkeit zu
hinterfragen. Im Zuge dessen wären politische Konzepte zu
betrachten, die implizit mit stärker relationalen statt postulierten
Mündigkeitbegriffen arbeiten. Eine kurze Skizzierung auch dieser
Problematik soll nun folgen.
3.
Politische Implikationen
Demokratie,
wie sie allgemein verstanden wird, basiert auf Vertragstheorien,
deren Kern ein Zusammenschluss aus in ihren Fähigkeiten gleichen und
unabhängigen Personen ist, die somit in einem groben Sinne mündig
genannt werden könnten. Das derartige Theorien allerdings Probleme
haben den realen Asymmetrien und Abhängigkeiten, beispielsweise
bezüglich Kinder, geistig Beeinträchtigten und nichtmenschlichen
Tieren, Rechnung zu tragen, darauf hat jüngst Martha Nussbaum in
ihrer Auseinandersetzung mit Rawls hingewiesen und dessen Theorie
entsprechend um ihren Fähigkeitenansatz erweitert.24
Eine kritische Betrachtung des Konzepts der Mündigkeit könnte
jedoch notwendig darüber hinaus führen, besonders, wenn diese
Betrachtung zu einer relationalen Neuformulierung führt. Selbst auch
bei der Annahme von Grundbedingungen der Mündigkeit wäre zu fragen,
inwieweit einem möglichen epistemischen Mehrwert, der sich aus einer
stärkeren Lösung aus der eigenen Lebenswelt, bzw. einer stärker
unperspektivischen Betrachtung der jeweiligen Probleme durch das
entsprechende Individuum ergibt, politisch Rechnung getragen werden
soll und muss. Wie gewichtet sich politisch also eine graduell höhere
Form von Mündigkeit, eine in diesem Sinne „freiere“ Meinung?
Diese
Frage stellt sich sowohl wenn sich die Sollgeltung politischer Normen
aus dem Mehrheitswillen generiert, in diesem Fall kommt ein Bürger
seinem Willen näher, je mündiger er ist, als auch, wenn sich die
Sollgeltung auf dem was „gerecht“, „gut“ oder „moralisch
richtig“ ist gründet, da die Erkenntnis dessen nur denen zufällt,
die über Selbstreflektion und eine möglichst hohes Maß an
moralischer Reife verfügen.
Dabei
sind im Zuge einer solchen Betrachtung erneut die zentralen Begriffe
„Vernunft“ und „Person“ zu hinterfragen, diesmal jedoch das
politische Verständnis betreffend und damit den Zusammenhang als
Bedingung für politische Mündigkeit oder anders ausgedrückt, als
Grundlage politischer Partizipation (auch in Bezug auf eine
Mehrstufigkeit).25
Besonders
das Hinterfragen bestehender Konventionen als Teil der Mündigkeit
spielt politisch eine wichtige Rolle. Eine unreflektierte Übernahme
dieser verhindert oft (moralischen) Fortschritt und kann
Ungerechtigkeiten (re)produzieren. Wie soll aber einem beständigen
Hinterfragen Rechnung getragen werden, wie kann dies politisch
verankert sein und auch hier die Frage, wie sich höhere Mündigkeit
zu einer numerischen Mehrheit ins Verhältnis setzen soll.
Politische
Konzepte, die einer ungleich vorhandenen Mündigkeit Rechnung zu
tragen versuchen, werden dabei bereits seit der Antike diskutiert.
Prominentester Vertreter ist dabei wohl die platonische Epistokratie.
Im Zentrum stehen dabei Überlegungen, die sich auch aus den hier
aufgeworfenen Fragen ergeben. Dabei wird im Sinne eine an den
Konsequenzen orientierten Politik besonders der epistemische Mehrwert
von Weisheit herausgestellt, die nicht zuletzt Mündigkeit als
notwendige Bedingung voraussetzt. Ähnliches gilt für John Stuart
Mill und seine scholastokratischen Überlegungen, die auf die Frage
nach der Feststellbarkeit besonders auf Bildung und ein daran
gemessenes ungleiches Wahlrecht fokussieren26,
dass jüngst von David Estlund27
kritisiert wurde. Mill spricht besonders eine schichtspezifische
Determination als Grundlage dieses Wahlrechts an, die für ihn bisher
nur unzureichend aufgebrochen werden konnte und direkt relevant für
Mündigkeit zu sein scheint. Nicht zuletzt versuchen auch Modelle
deliberativer Demokratien durch den Zwang des besseren Arguments und
ihre implizite Bevorteilung „gebildeter“ Schichten einem etwaigen
Mangel an Mündigkeit politisch entgegen zu wirken.
Somit
ergeben sich weitreichende Fragen und Konsequenzen der praktischen
Philosophie durch eine systematische Konzeption, bzw. Theorie der
Mündigkeit.
Fazit
Es
bleibt festzuhalten, dass Mündigkeit als etwas Herzustellendes darin
besteht, als Individuum in seiner Meinungsbildung weitestgehend
autonom von äußeren Einflüssen, wie auch innere Zwängen zu sein.
Kritische (Selbst-)Reflektion bildet somit den Kern, die das
beständige Hinterfragen der Sollgeltung von Werten und Wissen
beinhaltet. Dies bedeutet, die Gemachtheit von allem, auch des
eigenen Selbst und des Lebensentwurfs anzuerkennen und auf diese zu
reagieren. Mündigkeit ist damit auch Selbstkontextualisierung.
Zum
mündigen Denken muss notwendig mündiges Handeln hinzutreten.
Mündigkeit könnte somit in Anlehnung an Adorno und Schwickert darin
bestehen, aus der Lebenswelt, ja aus sich selbst herauszutreten, eine
unperspektivische Haltung einzunehmen und daraufhin erneut in die
Lebenswelt einzutreten und diese durch neues Wissen und neue Werte zu
prägen. Die Fragen, die sich notwendig stellen sind jene nach den
Hindernissen auf diesem Weg, den Determinanten und nötigen
Fähigkeiten. Damit werden eine ganze Reihe philosophischer aber auch
anderer Fachrichtungen angesprochen, die sich den Problemen annehmen
müssen. Die Antworten auf diese Fragen und vor allem die Möglichkeit
eines den Gegebenheiten gerechter werdenden relationalen
Mündigkeitskonzept müssen zudem ihre Spuren in der Betrachtung
politischer Prozesse und Legitimation hinterlassen.
Eine
Beschäftigung mit diesem Thema scheint also nicht nur nötig,
sondern in vielerlei Hinsicht, theoretisch, wie auch praktisch,
relevant.
Literatur
Becker,
Helmut (Hrsg.):: Theodor W. Adorno. Erziehung zur Mündigkeit,
Frankfurt am Main 1971.
Comperz,
Theodor (Hrsg.): John Stuart Mill's Gesammelte Werke, Achter Band,
Betrachtungen über Repräsentativ-Regierung, Leipzig 1873.
De Sousa, Ronald: Die Rationalität des Gefühls,
Frankfurt am Main 2001.
Estlund,
David: „Why Not Epistocracy?“, in: Reshotko, Naomi (Hrsg.):
Desire, Identity and Existence: Essays in honor of T.M. Penner,
Toronto 2003, S. 53-69.
Habermas,
Jürgen: Gerechtigkeit und Solidarität, in: Edelstein, Wolfgang;
Nunner-Winkler, Gertrud: Zur Bestimmung der Moral, Frankfurt 1986,
sowie Kohlberg, Lawrence: Zur kognitiven Entwicklung des Kindes,
Frankfurt am Main 1974.
Hare,
Richard Mervyn: Zur Einführung: Universeller Präskriptivismus, in:
Fehige, Ch, Meggle, G.: Zum moralischen Denken, 2 Bde, Frankfurt am
Main 1992, S. 31-54.
Kant,
Immanuel: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? Berlinische
Monatsschrift. Dezember-Heft 1784. S. 481-494.
Kohlberg,
Lawrence; Dwirght, R.Boyd, Levine, Charles: Die Wiederkehr der
sechsten Stufe. Gerechtigkeit, Wohlwollen und der Standpunkt der
Moral, in: Edelstein, Wolfgang; Nunner-Winkler, Gertrud: Zur
Bestimmung der Moral, Frankfurt 1986.
Kohlberg,
Lawrence: Zur kognitiven Entwicklung des Kindes, Frankfurt am Main
1974.
Massing,
Peter: Politische Bildung, in: Richter, Dagmar/ Weißeno, Georg
(Hrsg.): Lexikon der politischen Bildung. Band 1: Didaktik und
Schule, Schwalbach 1999.
Nussbaum,
Martha: Die Grenzen der Gerechtigkeit, Berlin 2010. Insb. das I.
Kapitel.
Piaget,
Jean: Das moralische Urteil beim Kinde, Frankfurt am Main 1973.
Schwickert,
Eva-Maria: Feminismus und Gerechtigkeit. Über eine Ethik von
Verantwortung und Diskurs, Berlin 2000.
Tiedemann,
Rolf (Hrsg.): Adorno, Theodor W. Gesammelte Schriften. Band 10.2,
Frankfurt am Main 1997.
Von
Scheve, Christian: Emotionen und soziale Strukturen. Die affektiven
Grundlagen sozialer Ordnung, Frankfurt am Main 2009.
1Vgl.
Kant, Immanuel: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?
Berlinische Monatsschrift. Dezember-Heft 1784. S. 481-494.
2Adorno,
S. 43.
3Das
verdinglichte Bewusstsein wird beschrieben als unheilvoller
Bewusstseinszustand, der das „So-Sein“ fälschlich als Natur und
nicht für etwas Gewordenes hält. Vgl. Adorno, S. 99 und S. 141.
4Dabei
ist es für Adorno wichtig, besonders auch auf die hinderlichen
Konventionen, die Kontrollen der Wissenschaft hinzuweisen, auch
diese gilt es zu überwinden. Adorno, S. 44f.
5Vgl.
Adorno, S. 109.
6Vgl.
Adorno, S. 44.
7Vgl.
Adorno, S. 139.
8Vgl.
Adorno, S. 140.
9Piaget,
Jean: Das moralische Urteil beim Kinde, Frankfurt am Main 1973.
10Kohlberg,
Lawrence; Dwirght, R.Boyd, Levine, Charles: Die Wiederkehr der
sechsten Stufe.
Gerechtigkeit, Wohlwollen und der Standpunkt der Moral. In: Zur
Bestimmung der Moral.
Hrsg. v. G. Edelstein, Nunner-Winkler. Frankfurt 1986, sowie
Kohlbergm Lawrence: Zur kognitiven Entwicklung des Kindes, Frankfurt
am Main 1974.
12Schwickert,
Eva-Maria: Feminismus und Gerechtigkeit. Über eine Ethik von
Verantwortung und Diskurs, Berlin 2000.
13Adorno:
Kritik. In: Gesammelte Schriften. Band 10.2, S. 785.
14Vgl.
Hare, Richard Mervyn: Zur Einführung: Universeller
Präskriptivismus, in: Fehige, Ch, Meggle, G.: Zum moralischen
Denken, 2 Bde, Frankfurt am Main 1992, S. 31-54.
15Vgl.
Adorno, S. 144.
16Massing,
Peter: Politische Bildung. In: Richter, Dagmar/ Weißeno, Georg
(Hrsg.): Lexikon der politischen Bildung. Band 1: Didaktik und
Schule, Schwalbach 1999, S. 186.
17Vgl.
Adorno, S. 44f.
18Vgl.
dazu auch Adorno, S. 123. Die bestehende Ordnung erzeugt immer auch
Akte der Barbarei und etablierte Mächte, deren Gewalt nur
diejenigen spüren, die sich dieser verweigern.
19Vgl.
Adorno, S. 57.
20Adorno,
S. 90.
21Vgl.
Adorno, S. 107.
22Zur
Rolle der Emotionen im Denken und Handeln siehe von Scheve,
Christian: Emotionen und soziale Strukturen. Die affektiven
Grundlagen sozialer Ordnung, Frankfurt am Main 2009.
23Mit
dieser Begrifflichkeit soll noch einmal der Unterschied zwischen
Gründen und Argumenten, zwischen bloßer Rationalität (die
ausdrücklich auch ein Handeln anhand von Emotionen einschließen
kann) und Vernünftigkeit benannt werden. Persönliche (oder auch
kulturelle) Gründe für Handlungen sind höchst subjektiv und
können damit nur begrenzt als Sollens- und damit Handlungsgrundlage
benutzt werden. Erst im Prozess einer kritischen Prüfung, die auch
von persönlichen Gründen als handlungsanleitende Elemente
abstrahieren muss, kann ein „echtes“ Sollen oder im hier
relevanten Sinne ein „mündiger“ Handlungsgrund geschaffen
werden. In dieser Prüfung werden Argumente gebildet, von denen dann
ihrerseits einige dieser als handlungsanleitende Gründe angenommen
werden, die neue Intuitionen, Gründe oder Emotionen bilden.
Eigentliche Grundlage für das Sollen bilden, auch im Sinne der
Universalisierbarkeit und auch, wenn es im Alltag anders erscheint,
aber weiterhin die Argumente und nicht die persönlichen Gründe.
Erstere sind überprüfte, reflektierte und objektive Ideen und
Sachverhalte, die aber nicht handlungsanleitend sind, solang sie
nicht in die Lebenswelt und deren Bedingungen einbeziehend als
persönliche Gründe übersetzt werden. Eine solche Prüfung und
Übersetzung sollte die Grundlage mündigen Handelns sein. Mit
dieser Überlegung wird zugleich das Problem der lebensweltlichen
Abhängigkeiten und deren Relevanz für das Handeln angesprochen.
Auch Schwickert spricht dieses Problem in Form der Verantwortung für
Handeln unter Berücksichtigung der Beschaffenheit der Gesellschaft
und der Moral als Telos in der 8. Stufe ihrer Moralentwicklung an.
Vgl. Schwickert, u.a. S. 186f.
24Vgl.
Nussbaum, Martha: Die Grenzen der Gerechtigkeit, Berlin 2010. Insb.
das I. Kapitel.
25Vgl.
dazu auch Nussbaum, S. 186ff.
26Comperz,
Theodor (Hrsg.): John Stuart Mill's Gesammelte Werke, Achter Band,
Betrachtungen über Repräsentativ-Regierung, Leipzig 1873.
27Estlund,
David: „Why Not Epistocracy?“, in: Reshotko, Naomi (Hrsg.):
Desire, Identity and Existence: Essays in honor of T.M. Penner,
Toronto 2003, S. 53-69.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen