Der Glaube, die Aufgabe von Gott als Lenker der Welt, hätte uns "befreit" ist nichts als ein Irrglaube, ein selbstgerechtes, selbstverliebtes Statement. Die Verunsicherung, die der Wegbruch fester Werte und damit Sicherheit, erzeugt hat, wurde durch das Dogma der Natur gefüllt.
Aus ihr selbst heraus sollten nun die Gesetze des Lebens und das Gute der Welt erkannt und legitimiert werden.
Dieser neue Irrglaube wirkt bis heute in erschreckender Weise nach. Das vermeintlich Natürliche der Welt und des Umgangs des Menschen mit sich und ihr, das letztlich nicht mehr ist als das alltäglich Sichtbare, dessen soziale und kulturelle Konstruktion geleugnet oder negiert wird, ist nun der Maßstab und der Grund der neuen Werte geworden. Eine solche Weltkonstruktion und ihre Werte leben von Naturalisierungen sozialer und kultureller Mechanismen und einer durch und durch positivistischen Sichtweise.
So wie die soziale Hierarchie in der Frühen Neuzeit durch das Beobachten scheinbar natürlicher, jedoch sozial eingeübter und unter bestimmten Vorstellungen gedeuteter Verhaltensweisen gerechtfertigt wurde, so wird auch heute noch die Superiorität des "Menschen" gegenüber dem "Tier" festgeschrieben.
Die Möglichkeit dessen ergibt sich nicht zuletzt aus einem Missverständnis, das darin besteht, alltägliche Beobachtungen als quasi naturwissenschaftliches Testsystem zu deuten.
Dabei handelt es sich jedoch nur um eine lebensweltliche und nicht wissenschaftliche Beobachtung, die ihre eigenen Vorannahmen übersieht und die das Bestehende somit nur bestätigen kann, bereits deutet statt beobachtet und antwortet statt fragt.
Dies ist möglich aufgrund des inszenierten alltagsmenschlichen Selbstverständnisses als vernünftiges und praktisch immer zum reflektierten Selbstdenken fähigen (und damit allezeit wissenschaftlich beobachtenden) Wesen, sowie der Verleugnung des Werts von Sozial- und Geisteswissenschaften und der Superiorität naturwissenschaftlicher Forschung oder in diesem Sinne einer abgespeckten, selbstkritikfreien Version dessen.
Ursache dieses Umstands ist der weit verbreitete Irrtum des s.g. "Naiven Realismus" als der Idee, dass die Welt so ist, wie sie sich uns in unserer Wahrnehmung darstellt. Die "Realität", oftmals die Problematik verschärfend normativ aufgeladen und als "Normalität" gesetzt, wird so zur Begründung des Handelns. Diese ist jedoch nicht mehr als ein Konstrukt, ein Ideal, dass sich aus einem möglichen Ausschnitt der (Be)Deutungsvielfalt herausschält und ihrerseits die Wahrnehmung der Welt prägt. Diese Konstruktion erfüllt zum Einen den Sinn, dem Chaos der Vielfalt zu entkommen und Handlungsfähigkeit zu erzeugen und zum Anderen, um Gemeinschaft über eine gemeinsam konstruierte und bestätigte Wirklichkeit zu schaffen. Dabei bildet diese Normalitätskonstruktion nur ein Ideal, eine Bedeutungsnetzwerk an Möglich- und Verbindlichkeiten, aus dem sich je unterschiedlich stark die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen bedienen.
Neben "traditionellen Religionen" setzt sich so ein anderes Glaubenssystem, eine andere Wirklichkeit, eine andere Konstruktion von Welt, die als quasi-religiös zu
bezeichnen ist, ebenso basierend auf Dogmen von "Natürlichkeit", "Rationalität"
und "Autonomie", die in das Selbstbild des glaubenden Säkularisierten eingeschrieben sind, gruppiert um je spezifisches "Heiliges" wie "Familie",
"Arbeit", "Freiheit", das postuliert wird, affektiv aufgeladen ist, angenommen statt hinterfragt oder begründet werden soll und auf die es stützendenden grundsätzlichen dogmatischen Glaubenssätze angewiesen ist.
Als Mittel zu deren Absicherung werden die zu den s.g. "Naturwissenschaften" konstruierten Forschungsbereiche gebraucht oder vielmehr deren
vereinfachte und selten verstandene Konzepte, die Teile und vermeintliche
Basis des zeitgenössischen "atheistischen" Glaubens bilden, jedoch nur soweit sie allgemeinverständlich scheinen und den jeweiligen Glauben stützen.
Doch auch hierbei zeigt sich der Irrglaube, denn auch "Naturwissenschaften" bilden keine
"Realität" ab, sondern erzählen uns von einer Wirklichkeit, die
sie selbst mitschaffen. Realität abzubilden würde voraussetzen sie
außerhalb von Wahrnehmung zu erfassen, da jede Wahrnehmung, gleich durch
welche "Brille" oder durch welche "Instrumente" sie erfolgt bereits
eine Konstruktionsleistung ist, die von der jeweiligen vorhergehenden
Wirklichkeit abhängig ist. Da uns nur die Wahrnehmung bleibt, durch die
wir Welt erfahren können, bieten uns auch die Naturwissenschaften nur
Konstrukte an, die sie mit Bedeutung ausstatten, zu Narrativen machen.
Nur wenn wir den Glauben an die Wahrheit der Naturwissenschaften endlich
auch allgemein aufbrechen, haben wir eine Chance die
Geisteswissenschaften wieder aufzuwerten, die in ihrer Selbstreflektion
bereits weiter vorangeschritten zu sein scheinen...Was dabei entsteht
muss keine Verunsicherung sein, sondern eine Wissenschaft, die das
Mögliche außerhalb ihrer bisherigen Narrative zu denken imstande ist.
Auch entsteht daraus kein Chaos, sondern die Möglichkeit des Schaffens,
wenn wir uns nicht mehr auf je spezifische Wahrheiten als
Natürlichkeiten berufen können, mit denen wir mit dem Schwert des
Zeitgeistes gegen das "Andere" zu Felde ziehen.
Dies heisst nun nicht, dass wir in einen Relativismus verfallen dürfen oder müssen. Es heisst lediglich im Sinne kritischen Denkens die eigene Wirklichkeit zu hinterfragen und geeignetere Bewertungskriterien zu finden als jene nach einer größtmöglichen Passung mit einer nicht existierenden (bzw. nicht zugänglichen) Realität, deren Mangel traditionellem Glauben angeheftet wird. Diese neuen Bewertungskritieren richten sich dabei ihrerseits nach der Funktion. Für die Psychotherapie ist das Auswahlkriterium für eine Wirklichkeit ein erträglicheres Leben für das Individuum, für generelle, in diesem Sinne moralischere Handlungsweisen, ist es die Ethik selbst, die das Kriterium stellt. In diesem Sinne steht die Forderung nach einer Ethik, die sich als Methode und nicht als Normenkatalog und damit als eigenständige Wirklichkeit präsentiert.
Die Frage ist damit nicht, ob "Religion" abzulehnen ist, ob sie "wahr" oder "falsch" ist, sondern welche "Religion", ob säkular oder nicht, die "richtige" ist, um eine solche Wirklichkeit zu schaffen.
Sein und Sinn...das ist der thematische Rahmen dieses Blogs. Er handelt von verschiedenen Lebenswelten und -wirklichkeiten und der Auseinandersetzung mit diesen, von Philosophie, Geschichte(n) und Geschichtswissenschaft, von Kunst, von Sinn und Sein oder anders ausgedrückt, dem Leben selbst in seinen Spielarten. Es finden sich kurze, flüchtige Momentaufnahmen, wie auch längere Auseinandersetzungen und Auszüge meines (wissenschaftlichen) Schaffens.
Montag, 8. Juni 2015
Sonntag, 7. Juni 2015
Flüchtige Momentaufnahmen, Provokationen und Gedankenspiele IX
Die Forderung "Wissenschaft" habe sich "allgemeinverständlich", was immer nur heisst "so dass ich es gerade jetzt verstehe" und damit eine egozentrische Reduktion darstellt, auszudrücken, ist ein zweischneidiges Schwert, das das Wesen des je unterschiedlichen Sprechens gefahrvoll übersieht. So sinnvoll diese Forderung zum Ziele eines Höheren ist, so problematisch ist sie. Das Wesen der Alltagssprache ist die notwendige Reduktion, die Vereinfachung der Welt. Das Wesen des wissenschaftlichen Sprechens ist die Erfassung der Welt in ihrer Komplexität. Wo immer wir daher eine Vereinfachung ausserhalb des erwähnten Zwecks vornehmen, werden wir immer in die Gefahr je spezifischer Ismen blicken müssen, die in der die jeweilige Wirklichkeit beschreibend schaffenden Sprache angelegt sind. Eine alltagsweltliche Vereinfachung zur Wahrnehmungs- und Handlungsoptimierung der Sprache ist damit mitursächlich für Rassismus, Sexismus und Speziesismus.
Wer glaubt, dass "wir" in einer grundsätzlich freiheitlichen, pluralistischen und offenen Gesellschaft leben, der irrt eben so grundsätzlich.
Offenheit und Pluralismus, die Zulassung alternativer Wirklichkeiten, gelten nur so lange, wie sich diese alternativen Wirklichkeiten auf ästhetische Fragen einengen lassen, sie nicht das "Heilige" der Gesellschaft oder das System infrage stellen. Wo immer dieses "Andere" darüber hinaus geht, greift der Totalitarismus jedweden Systems. Es greift die Folter, verstanden als als Zwang empfundene, durch emotionales Leid begleitete, gewaltsame Forderungen nach Konformismus, wie sie sich versteckt in jedweder Sozialisation und offen abscheulich im Strafsystem finden lassen.
Pluralismus ist nur da erlaubt, wo er zahnlos, bedeutungslos bleibt und nur der Idealisierung des Systems als vermeintlich pluralistisch und freiheitlich dient.
Mit anderen Worten darf zwar jeder entscheiden welche Musikrichtung er hört, so lang diese nicht das System gefährdet aber zu entscheiden, ob eine Handlung einer Behörde der eigenen Würde widerspricht, darf nur so weit behauptet werden, wie davon eine allgemein anerkannte Würde, derer wir alle teilhaben dürfen und müssen, betroffen scheint.
Ein wirklich gerechtes System, welches zwar notwendig seine Grenzen des Pluralismus finden muss, muss als solches zugleich den Spagat zwischen einem wirklichen Pluralismus als Patchwork der Minderheiten im Sinne Lyotards und gleichzeitigem Universalismus dessen Grundlage nur eine ethische Methode sein kann, wagen.
Nur eine Gesellschaft, die beständig offen gegenüber allen Wirklichkeiten ist, deren hegemoniale Wirklichkeit als immer prima facie gefasst wird, die beständig und immer von jedem hinterfragbar sein muss, kann überhaupt daran denken, dies nur im Ansatz leisten zu können. Und nur ein solches System kann aus ethischer Sicht legitim sein.
Eine diskriminierungs- und gewaltfreie Sprache existiert nicht auch wenn die Alltagsnaivität auf der Suche nach ihr sein kann. Es ist die Funktion von Sprache zu diskriminieren. Sie soll Unterschiede durch Benennung generieren, als solche bewerten und so die Welt wertend ordnen. Für jeden Unterschied fällt eine Gemeinsamkeit und umgekehrt. Jedes Wort wählt aus und erzeugt in der Auswahl wechselseitig zur Wahrnehmung eine spezifische Wirklichkeit die sich wie jede in einem sprachlichen Gewaltakt und durch soziale Prozesse hegemonial setzt. Dies heisst jedoch nicht jedes Sprechen gut. Es verschiebt nur den Fokus vom Glauben einer solch freien Sprache hin zur Suche nach spezifischen und beständig kritisch zu begründenden wertenden Unterschiede.
Samstag, 6. Juni 2015
Rezension. Klappe die Erste....Mad Max Fury Road
Da auch "Popkultur" Teil des Lebens, Teil des Seins und Teil der Sinntruktur ist, bietet es sich an, auch darüber zu schreiben, freilich unter einem spezifischen Fokus, der an diesem Beispiel besonders aufscheint. Nicht Zweck, sondern Mittel, quasi Medium ist das mediale Ereignis hierbei...In diesem Sinne, viel Spaß beim Lesen...
Hm...okay...nunja, Mad Max – Fury Road...Was soll ich sagen. Zuerst einmal, der Film hat etwas, er ist ganz gut, hat mir gefallen aber meine Erwartungen wurden dann doch in einigen Bereichen enttäuscht, Erwartungen, die er allerdings nicht selbst geweckt hat oder geweckt haben wollte. Diese kamen aus einer ganz anderen Richtung. So sah sich anlässlich des Films mal wieder der intellektuelle Bodensatz der s.g. Zivilisation genötigt, sich zu äußern. Der Film sei „feministische Progaganda“, „männerfeindlich“ und „sollte boykottiert werden“. Mein Interesse war freilich mehr als geweckt. Wie sollte ein solcher Film nicht genial werden? Ich musste ihn sehen, konnte es nicht erwarten. Nach dem Sehen nun allerdings die Enttäuschung. Wo bitte war der Film „feministische Propaganda“? Oder anders gefragt, wo ging dieser angebliche „Feminismus“ über einen primitiven, infantilen „Feminismus“ hinaus, der ein genuin „Weibliches“ konstruiert und als positive, revolutionäre Norm einem scheinbar zum Grotesken gesteigerten „Männlichen“ gegenüberstellt und sich so selbst eines Sexismus schuldig macht? Freilich, ganz so einfach macht es sich der Film auch nicht. Zumindest verweigert er sich einer Zwangszuweisung dieses „Weiblichen“ als „gender“ an ein konstruiertes Geschlecht im Sinne von „sex“ und denkt es als mögliche Formen von Sozialisation, so dass auch ein „Mann“ dem Attribut „Fürsorge“ teilhaftig werden kann, wie auch eine Frau der „Gewalt“. Leider bleibt der Film auf dieser oberflächlichen Ebene stecken und konstruiert dieses „Weibliche“ als „Fürsorgliches“, „Lebenserhaltendes“ aus einem genuin weiblichen Körper. In diesem wird es gebildet, dieser ist ihr Ursprung, aus diesem kann es sich entfalten und auch den „männlichen Körper“ „befallen“. Indem also dieses genuin aus dem „Weiblichen“ stammende „Weibliche“ als Gegenentwurf eines genuin „Männlichen“ gesetzt wird, verbleibt der Film in einem ekelhaft konservativen „Feminismus“, der vielleicht als Entwicklungsstufe notwendig war, sich aber mittlerweile überlebt haben sollte.
Und auch in anderer Hinsicht blieb Enttäuschung zurück. Wenn schon nur ein oberflächlicher „Feminismus“, dann doch wenigstens Neues in den Sehgewohnheiten, ein Bruch mit den alten? Leider nein. Den „weiblichen“ Helden gibt es ebenso bereits als Topos, wie den nicht mehr uneingeschränkt „guten“. Und auch der Versuch eines ästhetischen „Häßlichen“, einer „Weiblichkeit“ jenseits von Arsch und Titten ist nicht neu. Gut, Charlize Theron fehlt ein halber Arm, sie hat ne Glatze und schmiert sich Öl ins Gesicht aber sie bleibt Charlize Theron, eine „Frau“, die durchaus konventionell im Spektrum des „Attraktiven“ bleibt. Auch ist das Modell einer „Weiblichkeit jenseits der Sexyness“ spätestens seit Alien erprobt. Was bliebe noch? Der eigentliche Titelträger des Films der zur Nebenfigur wird. Auch das wurde bereits vorher genutzt, z.B. im großartigen „Der letzte Mohikaner“. Allerdings ist es auch hier wieder nicht ganz so einfach. Immerhin ist „Mad Max“ wichtiger Impulsgeber und eines der beiden Aushängeschilder einer neuen „Männlichkeit“, die „weibliche“ Attribute aufnehmen kann. Aber gerade seine Impulse sind ein weiteres Problem und schließen den Kreis zur ersten Enttäuschung. Schließlich ist er es, der der „weiblichen“ Revolution als solche zum Start verhilft. So ist es doch wieder ein „männliches“ Hegemonialitätsstreben, das das „Weibliche“ zur Norm zu erheben vermag. Auch eine Charlize Theron, auch das „Weibliche“ als Alternative, auch die „Fürsorge“ und das „Leben Erhaltende“ sind so letztlich wieder einem spezifischen „Männlichen“ unterworfen.
Was bleibt also als Fazit. Nun, Fury Road ist ein alles in allem guter Film, ich mag ihn, wirklich, auch wenn mir das Verhältnis „Effekt : Inhalt“ etwas zu einseitig war und der Film nicht allzu viel zu erzählen wusste.
Das zweite wichtige Fazit, das ich aus diesem Film erneut ziehen kann ist, dass bloß weil eine Horde Idioten sich von einem Film in ihrer Idiotie bedroht fühlt, heisst dies nicht, dass der Film Besonderes oder Innovatives zu bieten hat, es heisst nachwievor einfach nur, dass es Idioten sind.
Hm...okay...nunja, Mad Max – Fury Road...Was soll ich sagen. Zuerst einmal, der Film hat etwas, er ist ganz gut, hat mir gefallen aber meine Erwartungen wurden dann doch in einigen Bereichen enttäuscht, Erwartungen, die er allerdings nicht selbst geweckt hat oder geweckt haben wollte. Diese kamen aus einer ganz anderen Richtung. So sah sich anlässlich des Films mal wieder der intellektuelle Bodensatz der s.g. Zivilisation genötigt, sich zu äußern. Der Film sei „feministische Progaganda“, „männerfeindlich“ und „sollte boykottiert werden“. Mein Interesse war freilich mehr als geweckt. Wie sollte ein solcher Film nicht genial werden? Ich musste ihn sehen, konnte es nicht erwarten. Nach dem Sehen nun allerdings die Enttäuschung. Wo bitte war der Film „feministische Propaganda“? Oder anders gefragt, wo ging dieser angebliche „Feminismus“ über einen primitiven, infantilen „Feminismus“ hinaus, der ein genuin „Weibliches“ konstruiert und als positive, revolutionäre Norm einem scheinbar zum Grotesken gesteigerten „Männlichen“ gegenüberstellt und sich so selbst eines Sexismus schuldig macht? Freilich, ganz so einfach macht es sich der Film auch nicht. Zumindest verweigert er sich einer Zwangszuweisung dieses „Weiblichen“ als „gender“ an ein konstruiertes Geschlecht im Sinne von „sex“ und denkt es als mögliche Formen von Sozialisation, so dass auch ein „Mann“ dem Attribut „Fürsorge“ teilhaftig werden kann, wie auch eine Frau der „Gewalt“. Leider bleibt der Film auf dieser oberflächlichen Ebene stecken und konstruiert dieses „Weibliche“ als „Fürsorgliches“, „Lebenserhaltendes“ aus einem genuin weiblichen Körper. In diesem wird es gebildet, dieser ist ihr Ursprung, aus diesem kann es sich entfalten und auch den „männlichen Körper“ „befallen“. Indem also dieses genuin aus dem „Weiblichen“ stammende „Weibliche“ als Gegenentwurf eines genuin „Männlichen“ gesetzt wird, verbleibt der Film in einem ekelhaft konservativen „Feminismus“, der vielleicht als Entwicklungsstufe notwendig war, sich aber mittlerweile überlebt haben sollte.
Und auch in anderer Hinsicht blieb Enttäuschung zurück. Wenn schon nur ein oberflächlicher „Feminismus“, dann doch wenigstens Neues in den Sehgewohnheiten, ein Bruch mit den alten? Leider nein. Den „weiblichen“ Helden gibt es ebenso bereits als Topos, wie den nicht mehr uneingeschränkt „guten“. Und auch der Versuch eines ästhetischen „Häßlichen“, einer „Weiblichkeit“ jenseits von Arsch und Titten ist nicht neu. Gut, Charlize Theron fehlt ein halber Arm, sie hat ne Glatze und schmiert sich Öl ins Gesicht aber sie bleibt Charlize Theron, eine „Frau“, die durchaus konventionell im Spektrum des „Attraktiven“ bleibt. Auch ist das Modell einer „Weiblichkeit jenseits der Sexyness“ spätestens seit Alien erprobt. Was bliebe noch? Der eigentliche Titelträger des Films der zur Nebenfigur wird. Auch das wurde bereits vorher genutzt, z.B. im großartigen „Der letzte Mohikaner“. Allerdings ist es auch hier wieder nicht ganz so einfach. Immerhin ist „Mad Max“ wichtiger Impulsgeber und eines der beiden Aushängeschilder einer neuen „Männlichkeit“, die „weibliche“ Attribute aufnehmen kann. Aber gerade seine Impulse sind ein weiteres Problem und schließen den Kreis zur ersten Enttäuschung. Schließlich ist er es, der der „weiblichen“ Revolution als solche zum Start verhilft. So ist es doch wieder ein „männliches“ Hegemonialitätsstreben, das das „Weibliche“ zur Norm zu erheben vermag. Auch eine Charlize Theron, auch das „Weibliche“ als Alternative, auch die „Fürsorge“ und das „Leben Erhaltende“ sind so letztlich wieder einem spezifischen „Männlichen“ unterworfen.
Was bleibt also als Fazit. Nun, Fury Road ist ein alles in allem guter Film, ich mag ihn, wirklich, auch wenn mir das Verhältnis „Effekt : Inhalt“ etwas zu einseitig war und der Film nicht allzu viel zu erzählen wusste.
Das zweite wichtige Fazit, das ich aus diesem Film erneut ziehen kann ist, dass bloß weil eine Horde Idioten sich von einem Film in ihrer Idiotie bedroht fühlt, heisst dies nicht, dass der Film Besonderes oder Innovatives zu bieten hat, es heisst nachwievor einfach nur, dass es Idioten sind.
Montag, 25. Mai 2015
Land der Dichten und der Henker - Peter Singers Ehrung in Berlin
Morgen am 26.05.2015 ist es soweit. Die Verrohung der Sitten, der Verfall der abendländischen Moral und der Untergang christlicher Werte erreichen ihren Zenit: Peter Singer kommt nach Deutschland und wird für seine Arbeit geehrt. Aber wer war das nochmal und was hat er so schlimmes getan. Nun, er ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Philosophen, wird als Begründer der Praktischen Ethik bezeichnet und ein Vorreiter im Bereich der Tierethik und, jetzt kommts, einer säkularen Sterbehilfedebatte. Und genau Letzteres macht ihn zum Teufelsadvokaten. Singers Position, die sich in den 70ern formt, geht dabei eben nicht von einer Heiligkeit des Lebens aus, sondern versucht in einer Zeit, in der es möglich ist, Leben immer länger zu erhalten, Kriterien zu finden, die sowohl die positiven Seiten dieser Entwicklung beachten aber gleichzeitig die Zwangsläufigkeit einer Maßnahme nicht aus ihrer Möglichkeit generieren will. Mit anderen Worten stellt er die Frage, ob nicht verschiedene Formen von Sterbehilfe in manchen Fällen nicht moralisch gebotener sind als eine Ausreitzung des Machbaren im künstlichen Erhalt von Leben, insbesondere wenn dies mit grossem Leid der Betroffenen einhergeht. Der Clou dabei ist, dass "findige" Journalisten auf die tolle Idee kamen seine Idee so zu vereinfachen und zu verzerren, dass dabei raus käme, "Singer will Behinderte töten". Verkauft sich ja auch besser als eine fundierte und kritische Auseinandersetzung mit seinem Werk. Und als Journalist ist man ja auch zum Schreiben da und nicht zum Lesen oder Denken...Das Problem potenziert sich freilich in den heutigen Zeiten von facebook und twitter noch. Bei Letzterem hat man ja eh nur wenige Zeichen und zu verlangen mehr über ein Thema zu lesen als ein oder zwei Sätze wäre freilich intellektuelle Überheblichkeit...Und so springen alle fröhlich auf den Zug zur Hexenjagd. Endlich wieder etwas das uns Deutsche eint.
Dass es bei der Verleihung nun gar nicht mal darum geht, ist freilich zweitrangig. Ebenso obligatorisch ist die erwähnte Erkenntnis sein Werk nicht gelesen haben zu müssen. Wozu auch, wenn es nichtmal die Medien und Politiker tun. Zur Begründung nehmen wir ein anderes Beispiel. Krieg und Frieden. Nie gelesen. Warum auch. Das Wort "Krieg" ist in Deutschland schwer belastet und Krieg ist ohnehin nichts Gutes. Wer über Krieg schreibt, muss also ein böser Mensch sein...
Aber wieder zu Singer. Der spricht ja auch über etwas ultimativ Böses. Und das in Deutschland. Deswegen wird es auch mal wieder Zeit, dass sich eine Horde Deutscher gegen ihn als Jüdischstaemmigen zusammenrottet, seine Bücher verbrennen will, ihm die Einreise verweigern, ihn schlagen, ihm das Reden verbietet und ihn als Nazi beschimpft. Das ist dann auch das intellektuelle Niveau auf dem sich die Singerkritik außerhalb akademischer Kreise auch in aller Regel bewegt. Und ja, richtig gelesen. Man kann Singer kritisieren. Ich selbst habe es schon getan. Nur habe ich freilich den Fehler gemacht, dies auf Basis seiner Werke getan, was mich anscheinend quasi automatisch zu einem Mitwisser und damit Mittäter macht, noch dazu, weil ich ihm bei aller Kritik nicht abspreche Wichtiges geleistet zu haben. Aber so ist das eben im Land der Dichten und der Henker, deren intellektuellem Niveau und Aktionismus man sich allzu gern unterwirft. Leben darf hier verlängert werden, man darf sogar darüber sprechen aber das Sterben leichter zu machen, egal in wie wenigen Fällen und wie begründet, das ginge zu weit. Das ist hierzulanden Menschlichkeit.
Dass es bei der Verleihung nun gar nicht mal darum geht, ist freilich zweitrangig. Ebenso obligatorisch ist die erwähnte Erkenntnis sein Werk nicht gelesen haben zu müssen. Wozu auch, wenn es nichtmal die Medien und Politiker tun. Zur Begründung nehmen wir ein anderes Beispiel. Krieg und Frieden. Nie gelesen. Warum auch. Das Wort "Krieg" ist in Deutschland schwer belastet und Krieg ist ohnehin nichts Gutes. Wer über Krieg schreibt, muss also ein böser Mensch sein...
Aber wieder zu Singer. Der spricht ja auch über etwas ultimativ Böses. Und das in Deutschland. Deswegen wird es auch mal wieder Zeit, dass sich eine Horde Deutscher gegen ihn als Jüdischstaemmigen zusammenrottet, seine Bücher verbrennen will, ihm die Einreise verweigern, ihn schlagen, ihm das Reden verbietet und ihn als Nazi beschimpft. Das ist dann auch das intellektuelle Niveau auf dem sich die Singerkritik außerhalb akademischer Kreise auch in aller Regel bewegt. Und ja, richtig gelesen. Man kann Singer kritisieren. Ich selbst habe es schon getan. Nur habe ich freilich den Fehler gemacht, dies auf Basis seiner Werke getan, was mich anscheinend quasi automatisch zu einem Mitwisser und damit Mittäter macht, noch dazu, weil ich ihm bei aller Kritik nicht abspreche Wichtiges geleistet zu haben. Aber so ist das eben im Land der Dichten und der Henker, deren intellektuellem Niveau und Aktionismus man sich allzu gern unterwirft. Leben darf hier verlängert werden, man darf sogar darüber sprechen aber das Sterben leichter zu machen, egal in wie wenigen Fällen und wie begründet, das ginge zu weit. Das ist hierzulanden Menschlichkeit.
Mittwoch, 20. Mai 2015
Flüchtige Momentaufnahmen, Provokationen und Gedankenspiele VIII
Letztlich sind "Rassen", "Geschlechter" und "Spezies" ziemlich genau wie Einhörner, nur viel hässlicher. Sie existieren als eine Vorstellung an der wir uns aus unterschiedlichsten Gründen festhalten und nur solange wie wir an sie glauben. Nur wo wir diese quasi magischen (oder sagen wir "heiligen" im Sinne Durckheims) Dinge als gegeben konstruieren, können Sie unsere Welt bestimmen. Wir alle brauchen Dinge an denen wir uns festhalten und die uns Orientierung bieten aber so wenig wie dies Einhörner sein müssen, so wenig gibt es einen Zwang zu einer Aufteilung in die oben erwähnten Begriffe. Und so wenig es sinnvoll erscheinen mag, sich wegen Einhörnern die Rübe einzuhauen, so wenig sinnvoll ist es auch im Bereich von "Geschlechtern", "Rassen" und "Spezies". Identitäten und Welten funktionieren auch sehr ohne diese vier Dinge. Nur bei den Einhörnern bin ich mir da nicht ganz sicher...
Warum handeln wir wie wir handeln? Weil wir gelernt haben so zu handeln. Warum bleiben wir bei diesem Handeln? Weil wir emotional daran gebunden sind, weil wir fühlen wie wir handeln sollen. Das Fühlen selbst ist jedoch kulturell bedingt, erlernt, ein Konstrukt. Und so offenbart sich eines der größten Schwierigkeiten einer Ethik. Wir brauchen eine abstrakte Ethik basierend auf universeller Begründbarkeit als Rechtfertigungsinstanz um dem Relativismus zu entkommen aber diese hat selbst keine motivationale Kraft. Das Fühlen muss die Basis für das Handeln, seine Stütze sein, zugleich darf es aber nicht dessen Begründung bleiben.
Die Angst vor dem Tod ist letztlich nur der Wunsch die Gegenwart zu erhalten und weiterhin Erfahrungen zu machen.
Der Wert bezieht sich dabei auf das gegenwärtige Erfahren oder anders, das Erfahren der Gegenwart, den Erhalt des Bewusstseinstroms, des Zeitfensters, in dem sich Gegenwart vollzieht und dafür ist kein intellektualisiertes Todesverständnis nötig.
Dies ist der Grund, warum auch allen Tieren ohne Zukunftsbewusstsein ein Lebensrecht zugesprochen werden muss. Wenn gegenwärtige Erfahrungen, die nie einen punktuellen Moment markieren, sondern vielmehr immer schon zeitlich ausgedehnt sind, als das eigentlich Wertvolle bezeichnet werden müssen, dann sind sie es für alle, die dazu fähig, die Subjekte eines Lebens sind und dann sind alle Wesen, die zu Erfahrungen fähig sind, alle diese Subjekte des Lebens dem grundsätzlichen moralischen Recht auf Leben teilhaftig.
Der Wert bezieht sich dabei auf das gegenwärtige Erfahren oder anders, das Erfahren der Gegenwart, den Erhalt des Bewusstseinstroms, des Zeitfensters, in dem sich Gegenwart vollzieht und dafür ist kein intellektualisiertes Todesverständnis nötig.
Dies ist der Grund, warum auch allen Tieren ohne Zukunftsbewusstsein ein Lebensrecht zugesprochen werden muss. Wenn gegenwärtige Erfahrungen, die nie einen punktuellen Moment markieren, sondern vielmehr immer schon zeitlich ausgedehnt sind, als das eigentlich Wertvolle bezeichnet werden müssen, dann sind sie es für alle, die dazu fähig, die Subjekte eines Lebens sind und dann sind alle Wesen, die zu Erfahrungen fähig sind, alle diese Subjekte des Lebens dem grundsätzlichen moralischen Recht auf Leben teilhaftig.
Neben vielen anderen Möglichkeiten wird auch das Zeitbewusstsein als legitimierende Unterscheidung zwischen Mensch und Tier, bei genauerem Hinsehen müsste man jedoch zwischen Person und Nichtperson, sagen, genutzt. Zeitbewusstsein in seiner Ausprägung als Bewusstsein von einem Selbst in der Zeit und damit der Selbstentwurf in der Zukunft wird als Grenze für (schmerz-, bzw. leidlose) Tötung angenommen. Aber welchen Sinn hat diese Grenze? Letztlich ist der Entwurf des Selbst in der Zukunft ursächlich durch den Wunsch das Unvermeidbare zu vermeiden geprägt und paradoxerweise von einer Überbetonung der Gegenwart. Wenn von einem säkularen, allein im Diesseits gelegenen Leben auszugehen ist, so sind sowohl das Selbst, das maßgeblich eine Ansammlung von Erlebnissen, deren Verarbeitung und entsprechenden Dispositionen ist (um es sehr zu vereinfachen), als auch dessen Entwurf in der Zukunft insofern unsinnig, als die Löschung dieser Erinnerung unvermeidbar ist. Ob ein Individuum eine oder tausende Erfahrungen macht ist, retrospektiv betrachtet, aus subjektiver Sicht immer belanglos. Der hinter der Idee stehende Wunsch ist zudem vielmehr auf die Gegenwart gerichtet und entspringt einem "Weiterleben-wollen", das notwendig die Gegenwart betonen muss, da, um sinngemäß Alatriste im gleichnamigen Film wiederzugeben, wir in der Zukunft alle tot sind.
Es ist nun also so, dass die auf das Subjekt bezogene Konzeption des Zeitbewusstseins wenig Sinn macht, vielmehr ist ihr Kern die aktuelle emotional verkettete Wollensfähigkeit, die die Grundlage einer ethischen Beurteilung eines Tötungsverbots stellen könnte. Dies gilt umso mehr, als dass auch völlig in der Gegenwart existierende, bewusste Lebewesen ein Stück in die Zukunft weisen. Dieser Umstand wird durch ein falsches Verständnis des Terminus Gegenwart verschleiert, denn auch diese bezeichnet einen sich in der Zeit, sowohl in Zukunft, als auch Vergangenheit, erstreckenden Bereich, der nicht auf einen Moment reduzierbar ist.
Aus diesen Gründen sollte ein Tötungsverbot bei der Wollensfähigkeit ansetzen, die sich zudem nicht auf einen Zukunftsentwurf in die fernere Zukunft erstrecken muss.
Dies schliesst nun auch explizit menschliche Nichtpersonen in den Schutz ein, sowie nichtmenschliche Nichtpersonen und nichtmenschliche Personen (die allerdings genau genommen auch vorher schon inkludiert werden müssen, was allerdings kulturell unhinterfragt verleugnet wird, da die Grenzen sich eben doch an Äußerlichkeiten als unreflektierte Refrenzpunkte orientieren).
Für eine sinnvolle Moral müssen zwar nun Prinzipien wie Gerechtigkeit, Fürsorge und Bedürfnisse integriert werden und können graduelle Unterschiede bewirken, einen kategorischen jedoch nicht.
Es gibt Theorien, die nichtmenschlichen Tieren aufgrund des Fehlens von Repräsentationen Kultur absprechen. Diese seien nötig für die Konstitution gesellschaftlicher institutioneller Tatsachen und die semantischen Bedeutungsnetzwerke, für die wiederum Sprache notwendige Bedingung sei.
Ich hingegen glaube, dass dies eine Verengung des Blickfeldes auf die menschliche Sprache bedeutet als Ursprung aller Kultur ist. Befreit man sich von dieser Vorannahme, lassen sich sowohl Repräsentionen, als auch Bedeutungsnetzwerke denken, die ohne abstrakte Sprache auskommen. Ein solches Bedeutungsnetzwerk könnte sich ebenso aus Geräuschen, Handlungen, Gesten, Bildern und nicht zuletzt Emotionen konstituieren.
Dass diese Annahme Plausibilität besitzt, lässt sich nicht zuletzt daran erkennen, dass auch menschliche Wesen sich solch "primitiver" Bedeutungsnetzwerke bedienen. So ist der Gedanke an Orte (und vor allem die an ihnen verorteten Räume), geliebte Personen und selbst an institutionelle Tatsachen wie Geld auch gänzlich ohne Sprache möglich. Statt eines Komplexes bestehend auch weiterer mit diesen verbundender sprachlich repräsentierter abstrakter Vorstellungen, ergibt sich so ein Komplex aus einfachen, bildlichen, handlungsbezogenen und emotionalen Knotenpunkten verbunden zu einem solchen Bedeutungsnetzwerk. In dieser Hinsicht muss auch das benutzte Werkzeug mancher Spezies nicht sprachlich repräsentiert sein, um als Kulturgut zu gelten. Die Vorstellung dieses, die sich in der durch kollektive Intentionalität zugewiesenen Funktion findet, kann sich auch im Bild dieser Handlung erschöpfen und es kann diese sein, die im Rahmen kultureller Repdroduktion weitergegeben wird.
Es gibt damit zumindest keinen Grund aufgrund fehlender Sprache die Möglichkeit tierlicher Kultur a priori auszuschließen.
Die Erfindung von Sexualität
Homosexualität ist, auch wenn eine
sich oberflächlich als "liberal" inszenierende
Gesellschaft aus falschen Gründen einer mangelnden
Verstehenskompetenz und aufgrund des Natürlichkeitskonstrukts als
Argumentersatz dies nicht gern hört, nichts Angeborenes aber und
dies ist wichtig, auch nichts einfach durch den Akteur Entschiedenes.
Was "schön", was "attraktiv" und eben auch
welche Merkmale als sexuell stimulierend empfunden werden, wird
erlernt, durch ein Wechselspiel biographischer Erlebnisse und
kultureller (Deutungs)Muster, derer sich das Kind probierend nähert.
In diesem kindlichen Erproben ist das Geschlecht auf das sich ein
Bedürfnis nach Nähe und ein bestimmter emotionaler Erregungszustand
bezieht der ebenso durch die Gesellschaft geformt und gedeutet wird
unerheblich. Eine positive Erfahrung in diesem Erproben kann dann
durch die Ausrichtung des Gehirns und unterstützt und mit Konkretem
angereichert durch die Gesellschaft in Mustern unterschiedlicher
Reichweite gespeichert und so bei einer Gesellschaft die Geschlechter
denkt, auf diese bezogen. So entstehen Sexualitäten aus mit Hilfe
von sozialem Druck verallgemeinerten auf ein konkretes Individuum
bezogenen Erfahrungen.
Aber was heißt dies nicht? Es heißt
nicht, dass Homosexualität etwas zu "Heilendes" ist, denn
ein solcher "korrigierender Gewaltakt" einer hegemonialen
Wirklichkeit kann sich nicht begründen. Denn nicht nur
Homosexualität wird erlernt, sondern Sexualität überhaupt. Beide
sind nicht "natürlich" gegeben, sondern Konstrukte und
gesellschaftlich produzierte Handlungsmuster, die als Teil von
Identitäten abgearbeitet werden können und je kulturvariant mit
normativem Gehalt und dessen Begründung ausgestattet sind. Statt
dieses Ergebnis konstruktivistischer Forschung zum Zwecke scheinbar
liberaler Selbstverstaendnisse zu opfern, gilt es dieses zu beachten,
denn der Konstruktivismus selbst kann eine sexuelle Freiheit auch
ohne das Konstrukt vermeintlicher Natürlichkeit oder "schwuler
Gene" verteidigen. Das Einzige, das uns "natürlich"
gegeben ist, ist somit letztlich eine sich verschiedenen Potentialen
öffnende Bisexualität.
Donnerstag, 14. Mai 2015
Glück und Gerechtigkeit
Gerechtigkeit und Glücklich-sein stehen letztlich in einem engen
Verhältnis zueinander. Glücklich-sein ist ein Gefühl und als solches ist
es ein erlernbares Konstrukt, das Teil des institutionalisierten und
hierarchisierten Bedeutungsnetzwerks einer Gesellschaft ist. Wie es sich
anzufühlen hat, wer es wann empfinden darf und aufgrund welcher
Bedingungen ist normiert und festgelegt. Freilich lassen sich
Alternativen denken aber je mehr diese nötig sind weil die Gesellschaft
die Grundbedingungen für ihr hegemoniales Glückskonstrukt nicht für
alle schaffen kann, als umso ungerechter muss sie bezeichnet werden.
Glück ist damit nur sehr bedingt etwas Persönliches, es trotzdem als
solches verstehen zu müssen Ausdruck einer pathologischen
Gesellschaft.
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