Montag, 25. Mai 2015

Land der Dichten und der Henker - Peter Singers Ehrung in Berlin

Morgen am 26.05.2015 ist es soweit. Die Verrohung der Sitten, der Verfall der abendländischen Moral und der Untergang christlicher Werte erreichen ihren Zenit: Peter Singer kommt nach Deutschland und wird für seine Arbeit geehrt. Aber wer war das nochmal und was hat er so schlimmes getan. Nun, er ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Philosophen, wird als Begründer der Praktischen Ethik bezeichnet und ein Vorreiter im Bereich der Tierethik und, jetzt kommts, einer säkularen Sterbehilfedebatte. Und genau Letzteres macht ihn zum Teufelsadvokaten. Singers Position, die sich in den 70ern formt, geht dabei eben nicht von einer Heiligkeit des Lebens aus, sondern versucht in einer Zeit, in der es möglich ist, Leben immer länger zu erhalten, Kriterien zu finden, die sowohl die positiven Seiten dieser Entwicklung beachten aber gleichzeitig die Zwangsläufigkeit einer Maßnahme nicht aus ihrer Möglichkeit generieren will. Mit anderen Worten stellt er die Frage, ob nicht verschiedene Formen von Sterbehilfe in manchen Fällen nicht moralisch gebotener sind als eine Ausreitzung des Machbaren im künstlichen Erhalt von Leben, insbesondere wenn dies mit grossem Leid der Betroffenen einhergeht. Der Clou dabei ist, dass "findige" Journalisten auf die tolle Idee kamen seine Idee so zu vereinfachen und zu verzerren, dass dabei raus käme, "Singer will Behinderte töten". Verkauft sich ja auch besser als eine fundierte und kritische Auseinandersetzung mit seinem Werk. Und als Journalist ist man ja auch zum Schreiben da und nicht zum Lesen oder Denken...Das Problem potenziert sich freilich in den heutigen Zeiten von facebook und twitter noch. Bei Letzterem hat man ja eh nur wenige Zeichen und zu verlangen mehr über ein Thema zu lesen als ein oder zwei Sätze wäre freilich intellektuelle Überheblichkeit...Und so springen alle fröhlich auf den Zug zur Hexenjagd. Endlich wieder etwas das uns Deutsche eint.

Dass es bei der Verleihung nun gar nicht mal darum geht, ist freilich zweitrangig. Ebenso obligatorisch ist die erwähnte Erkenntnis sein Werk nicht gelesen haben zu müssen. Wozu auch, wenn es nichtmal die Medien und Politiker tun. Zur Begründung nehmen wir ein anderes Beispiel. Krieg und Frieden. Nie gelesen. Warum auch. Das Wort "Krieg" ist in Deutschland schwer belastet und Krieg ist ohnehin nichts Gutes. Wer über Krieg schreibt, muss also ein böser Mensch sein...
Aber wieder zu Singer. Der spricht ja auch über etwas ultimativ Böses. Und das in Deutschland. Deswegen wird es auch mal wieder Zeit, dass sich eine Horde Deutscher gegen ihn als Jüdischstaemmigen zusammenrottet, seine Bücher verbrennen will, ihm die Einreise verweigern, ihn schlagen, ihm das Reden verbietet und ihn als Nazi beschimpft. Das ist dann auch das intellektuelle Niveau auf dem sich die Singerkritik außerhalb akademischer Kreise auch in aller Regel bewegt. Und ja, richtig gelesen. Man kann Singer kritisieren. Ich selbst habe es schon getan. Nur habe ich freilich den Fehler gemacht, dies auf Basis seiner Werke getan, was mich anscheinend quasi automatisch zu einem Mitwisser und damit Mittäter macht, noch dazu, weil ich ihm bei aller Kritik nicht abspreche Wichtiges geleistet zu haben. Aber so ist das eben im Land der Dichten und der Henker, deren intellektuellem Niveau und Aktionismus man sich allzu gern unterwirft. Leben darf hier verlängert werden, man darf sogar darüber sprechen aber das Sterben leichter zu machen, egal in wie wenigen Fällen und wie begründet, das ginge zu weit. Das ist hierzulanden Menschlichkeit.


                                           

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